Silbermond 2008
Ich erinnere mich noch genau an diesen Tag. Keine Ahnung mehr welches Datum, aber das Erlebnis bleibt unvergessen. Eine Freundin fragte mich irgendwann, ob ich mit nach Bad Brückenau gehen wolle – Silbermond würde ein Konzert geben. Sie wollte mit ihrem Vater und dessen Freundin gehen und mit mir. Ich hatte keine Erwartungen. Ich war noch nie vorher auf einem Konzert und hatte keine Ahnung, wie das alles abläuft. Ich dachte nur: Okay, klingt spannend, ich gehe einfach mit. Witzig, dass auch damals schon die wirklich guten Dinge vom einfach mal TUN gekommen sind ❤️
Die Fahrt: Das erste Abenteuer
Keine von uns beiden hatte einen Führerschein, geschweige denn ein Auto. Wir waren jung und auf unsere Eltern angewiesen, also fuhr ihr Vater. Seine Freundin war auch dabei, und… naja, die Fahrt wurde ein kleines Drama: Sie hatte Probleme mit dem Auto fahren und musste sich mehrfach übergeben. Wir hielten an, fuhren weiter, hielten wieder an. Es war gehetzt, ein bisschen nervös, irgendwie peinlich, aber rückblickend auch total komisch. Und mit jeder Minute dachte ich: Hoffentlich verpassen wir nicht alles.
Als wir endlich ankamen, lief die erste Vorband schon. Wir waren spät dran, wie immer, wenn man unterwegs Pech hat. Trotzdem: Sobald wir die Location betraten, wusste ich sofort: Hier passiert etwas. Die Aufregung, die Musik, die Menschen. Es war viel intensiver, als ich es mir vorgestellt hatte.
Viva Voce – Akapella und jede Menge Humor
Die erste Vorband war Viva Voce – eine Akapella-Band, die so richtig überrascht hat. Sie haben Like a Prayer und Like a Virgin miteinander gemixt. Einer der Sänger stand rechts auf der Bühne und sang Like a Prayer, die anderen gaben die „Instrumente“ mit Stimmen wieder, also so richtig Bum-Tschak, wie man das von Akapella kennt.
Dann ging ein anderer Sänger links auf die Bühne und sang Like a Virgin deutlich lauter. Die „Instrumente“ schauten kurz irritiert, merkten: Ups, der ist lauter. Dann sind sie nach links gelaufen und haben dort das passende Bum-Tschak zu gegeben. Der Like a Prayer-Sänger schaute etwas lost, war erst enttäuscht, hat dann aber noch lauter wieder in Like a Prayer eingesetzt und die „Instrumente“ kamen zu ihm zurück. Bis der Like a Virgin-Sänger wieder an Lautstärke zugelegt hat… Dieses Hin und Her, die kleinen Blicke, das Chaos auf der Bühne, es war echt witzig.
Die zweite Vorband? Da kann ich mich leider kaum noch erinnern. Sie war definitiv nicht so stark wie Viva Voce oder Silbermond, aber hey, das Konzert war ja noch nicht vorbei.
Eine echte Symphonie
Dann kam Silbermond. Und plötzlich war es laut. Wir standen weit vorne an der Bühne, nur wenige Menschen vor uns. Es war gigantisch. Die ersten Töne von Symphonie und die Menge tobt, hunderte Leute singen mit und ich mittendrin. Es war Gänsehaut pur. Ich war massiv begeistert. Warum war ich eigentlich noch nie auf einem Konzert?
Die Band spielte mit einer Energie, die mich einfach mitgerissen hat. Jeder Schlag des Schlagzeugs vibrierte durch den Boden. Was mich am meisten beeindruckt hat: Die Nähe. Stefanie hatte diese Art, das Publikum wirklich einzubeziehen. Nicht nur „Hallo Bad Brückenau“, sondern dieses Gefühl, dass sie mit jedem einzelnen von uns sprach. Am Besten fand ich den Wunschsong. Das Publikum durfte sich einen Song wünschen. Was ist das Schlimmste, was sich ein Publikum wünschen könnte? – MfG von den Fanta 4. Zur Erinnerung: Das ist der Song mit den gefühlt 1 Milliarde Abkürzungen. Silbermond hat sich aber echt gut geschlagen. Der Text war sicherlich bestimmt nicht 100% perfekt, aber alleine das überhaupt zu versuchen fand ich schon echt der Wahnsinn.
Ich hatte keine Ahnung, wie sehr eine Menge Menschen ein Konzert tragen kann. Vorne war es eng, man klebte fast aneinander. Aber gleichzeitig fühlte es sich an, als würden wir alle zusammen eine große Einheit bilden. Man kannte sich nicht, aber in diesem Moment war das egal. Jeder kannte die Texte, jeder lebte das Gleiche. Ab und zu drehte ich mich um, schaute über die Köpfe hinweg nach hinten. Ein Meer aus Händen. Das hat Stefanie wohl auch gesehen und einen Stage Dive hingelegt. Einmal ans Ende des Publikums und zurück auf die Bühne.
Und Bilder?
Katastrophe. Ein Samsung Klapphandy, kaum Speicher, winzige Fotos, verschwommen, im Mini-Format, kaum was zu erkennen. Das Übertragen auf den PC war ein kleines Abenteuer für sich. WLAN gab es für mein Handy noch nicht. Passt das Kabel? Was ist der passende Treiber? Und Hilfe, ich hab Angst vor dem großen Internet-Knopf bei dessen versehentlichen Drücken sich das ganze Handy-Guthaben in Nichts auflöst. Ich mein, es war 2008. Damals war das erste iPhone grad erst neu. Wer schon eine Flatrate hatte, war König der Welt. Beweise? Hier schau mal:



Das ist Originalgröße. So groß war mein Display damals auch.
Wie dieses Konzert mich beeinflusst hat
Danach wollte ich mehr Live-Musik erleben. Ich ging öfter auf Konzerte von lokalen Cover-Bands. Große Bands wie Silbermond kamen selten in die Gegend und mein damals noch Taschengeld und meine Mobilität waren stark begrenzt. Trotzdem: Ich wollte mehr. Es hat mir gezeigt: Musik live erleben, Teil einer Menge sein, einfach mittendrin stehen, das ist etwas Besonderes.
In meiner Gegend gab es kaum Konzerte. Meistens eben lokale Cover-Bands aber eher zum Feiern als zum Musik genießen. Wenn mal sehr bekannte Musiker kamen, waren sie sofort ausverkauft. Das ganze Konzert-Feeling ging mir dadurch auch ein bisschen wieder verloren, da es schlicht damals nicht möglich war.
Zwischenzeitlich habe ich mir zum Ziel gesetzt, alle Bands, Sängerinnen und Sänger, alle Musik die ich mag, mindestens noch einmal live zu sehen, bevor das nicht mehr möglich ist. Leider hören Musiker auch auf, gehen in ihre wohlverdiente Rente, machen keine Tour mehr irgendwann oder noch schlimmer: Sterben. Daher zögere ich nicht mehr, irgendwo hin zu fahren oder auch mal ein teureres Ticket zu kaufen. Ich versuche alle Möglichkeiten zu nutzen. Und da das sehr viel mit dem Thema Zielsetzung und Ziele auch erreichen und vor allem extrem viel mit dem TUN zu tun hat, blogge ich jetzt auch darüber. Jeder Musiker hat etwas Spezielles, etwas Besonders wofür es sich lohnt, mal live dabei gewesen zu sein.
Was seitdem geschah:
Heute bin ich auf so vielen Konzerten gewesen. In kleinen Clubs, in große Hallen, auf Festivals, in Stadien. Und wie alles anfing: Mit einer stressigen Autofahrt, einer kranken Mitfahrerin, einer verrückten Akapella-Band, einer mittlerweile sogar noch deutlich bekannteren Band die auch damals schon richtig geile Songs hatte und einem klapprigen Samsung-Handy. Live-Musik verändert etwas in mir. Es wird Zeit, dass ich nach all den tollen neuen Liedern mal wieder ein Silbermond Konzert besuche. Auf dem Kesselfestival 2022 konnte ich sie nochmal sehen. Wieder einfach nur gigantisch.
Wenn du denkst, dass die ersten Male immer perfekt sein müssen… Falsch, können auch chaotisch, verwackelt, manchmal peinlich sein. Aber genau das macht sie unvergesslich. So wie mein erstes Mal Konzert besuchen.
Teile gerne deine erste Konzerterfahrung in den Kommentaren mit mir. Welche Musiker möchtest du noch live sehen? Hast du dir überhaupt Ziele gesetzt, wen du noch sehen möchtest?