Selbstorganisation

Du bist ständig unterwegs, du arbeitest so viel, du unternimmst so viel, du erlebst so viel. Wie machst du das eigentlich alles?

Diese Frage höre ich ziemlich oft. In Gesprächen mit Freunden, bei Netzwerkveranstaltungen oder einfach zwischendurch, wenn jemand zufällig mitbekommt, was ich so alles mache. Meistens klingt die Frage bewundernd, manchmal ungläubig und manchmal auch ein bisschen mitleidig: „Wie machst du das eigentlich alles, Sandra?“ Und ehrlich? Ich verstehe die Frage. Wenn ich mir meinen Alltag von außen anschauen würde, würde ich sie mir selbst stellen. Denn auf dem Papier sieht das ziemlich nach Stress, Rennen und wenig Ruhe aus: Eine Vollzeitarbeit, ein Nebenjob, mein Fotobusiness, diverse Stammtische zu Finanzthemen, meine Dozententätigkeit, verschiedene Weiterbildungen und das alles in Kombination mit einem privaten Leben, das ja auch nicht zu kurz kommen soll. Ich bin viel mit meinem Partner unterwegs, gehe auf Konzerte, verbringe Zeit mit Tieren, treffe Freunde, engagiere mich im Ehrenamt und versuche, meine eigenen Ziele Stück für Stück umzusetzen. Unter anderem blogge ich auch, wie du ja weißt. Zudem verreise ich viel. besuche sehr oft inspirierende Events und hab meine Wohnung eigentlich hauptsächlich zum Schlafen und Lagern meiner Sachen.

Ich könnte jetzt behaupten, ich hätte dafür ein perfekt funktionierendes System, das alles im Griff hat. Leider müsste ich dafür lügen. Ich bin kein wandelnder Terminkalender, kein Excel-Mensch, der seinen Tag in Fünf-Minuten-Blöcke zerteilt. Ich hab mir einfach beigebracht, dass Selbstorganisation nicht heißt, jede Minute zu verplanen. Es reicht die eigenen Prioritäten zu kennen und ehrlich mit der eigenen Energie umzugehen. Jeder Mensch hat ein anderes Energie-Level und das ist auch völlig ok so. Mein Level ist nach meiner Beobachtung verglichen mit anderen recht hoch. Für die Planung habe ich trotzdem kein starres System. Aber ich habe mir über die Jahre eine Art Grundstruktur geschaffen, die mir hilft, wichtige Dinge nicht zu verpassen. Ganz ohne mich einzuengen oder komplett auf Spontanität verzichten zu müssen. Genau diese Mischung funktioniert für mich.

Warum Selbstorganisation für mich lebensnotwendig ist

Viele denken bei Selbstorganisation an Menschen, die schon „alles geschafft“ haben. Aber für mich war Organisation nie Luxus, sondern Notwendigkeit. Ich mache so viele verschiedene Dinge, weil sie mir wichtig sind. Auch auf die Abwechslung möchte ich nicht verzichten. Es gefällt mir sehr, nicht jeden Tag the same old story zu schreiben. Jeder Tag hält eine neue Geschichte bereit, die mein Leben noch ein bisschen mehr bereichert. Ich übernehme gerne Verantwortung und möchte mir Freiheit in jeder Hinsicht aufbauen. Diese Freiheit lebe ich bereits heute, indem ich bei jedem privaten Termin entscheiden kann: Hab ich Bock drauf oder trag ich es erst gar nicht in den Kalender ein? Ich liebe mein Fotobusiness, weil es mich kreativ erfüllt. Ich besuche Finanzstammtische, weil ich (insbesondere Frauen aber) generell Menschen dabei unterstützen möchte, selbstbewusst mit Geld umzugehen. Es ist Zeit, der Armut auf dieser Welt ein Ende zu setzen! Ich bin Dozentin, weil ich gern Wissen weitergebe. Und ich bilde mich weiter, weil Stillstand für mich keine Option ist. All das ergibt für mich Sinn – aber es funktioniert nur, wenn ich Struktur habe.

Ich brauche also nicht Organisation, um Ordnung zu haben, sondern um Freiheit zu haben. Ich will den Kopf frei haben für die Dinge, die mich wirklich interessieren. Ich will mich nicht ständig daran erinnern müssen, wann ich was erledigen sollte oder wo ich noch etwas offen habe. Deshalb schreibe ich alles auf. Was aus dem Kopf raus ist, kann mich nicht mehr blockieren. So banal das klingt, aber das ist wahrscheinlich einer meiner wichtigsten Tipps. Schreib es auf, dann hast du dein Hirn wieder frei um andere Dinge zu speichern.

Mein System (das eigentlich keins ist)

Ich plane nicht klassisch. Ich habe keine feste Wochenroutine, keine „Montags-Aufräum-dienstags-Contentplanung-mittwochs-Büroarbeit“-Struktur. Das wäre mir viel zu starr. Ich bin eher spontan organisiert. Alles, was fix ist, landet sofort in meinem Google-Kalender – Arbeit, Nebenjob, Shootings, Termine, Seminare, Meetings. Ich nutze dafür ausschließlich Google, weil ich alles an einem Ort haben möchte und vom Handy wie vom PC aus Zugriff brauche. Ich wechsle nicht ständig zwischen verschiedenen Apps, sondern halte alles in einem System. Google Kalender für Termine, Google Tasks für To-dos, Google Docs und Sheets für wiederkehrende Listen oder Dateien, die ich regelmäßig brauche. Früher hab ich mal andere Apps ausprobiert. Dadurch, dass sich da aber nicht alles miteinander verbinden lässt, ist alles andere rausgefallen. Ein System funktioniert nur, wenn es genutzt wird. Und wenn du die App, die eigentlich dein System beinhalten soll, nie öffnest, kannst es auch gleich sein lassen.

Und wenn mir spontan eine Idee einfällt oder ein Gedanke kommt, den ich später festhalten will, habe ich eine ziemlich unkonventionelle, aber sehr effektive Lösung: Eine WhatsApp-Gruppe mit mir selbst. Da spreche ich Sprachnachrichten rein, meistens völlig chaotisch, oft einfach mitten aus dem Alltag heraus. Diese Sprachnachrichten sind mein persönliches akustisches Tagebuch. Sie helfen mir, Gedanken zu sortieren, ohne sie aufzuschreiben. Wenn ich später reinhöre, entdecke ich manchmal gute Ideen, die sonst verloren gegangen wären. Es ist ein bisschen wie Brainstorming mit mir selbst. Und keiner quatscht mir dazwischen 😉

Eat the frog first

Einer meiner wichtigsten Grundsätze ist eat the frog first. Das bedeutet: Ich erledige zuerst den größten Mist des Tages. Die Aufgabe, auf die ich am wenigsten Lust habe. Die, die ich sonst ewig vor mir herschieben würde. Das kann alles Mögliche sein: Eine nervige E-Mail, ein unangenehmes Telefonat, eine Rechnung oder nach Feierabend Dinge wie Haushalt, Wäsche, Aufräumen… Wenn das geschafft ist, fühlt sich der Rest des Tages gleich leichter an. Natürlich klappt das nicht immer, denn leider bin ich auch nur ein Mensch. Bei der Steuererklärung hilft kein Frosch-Prinzip der Welt, das bleibt jedes Jahr eine Sache, die ich so lange wie möglich ignoriere. Aber insgesamt funktioniert für mich sehr gut. Das Meiste muss man ja eh früher oder später erledigen.

Was ich daran so mag: Es ist ehrlich. Es zwingt mich dazu, Prioritäten zu setzen und nicht zu warten, bis der richtige Moment kommt. Ich hab verstanden, dass meine (ehemalige) Aufschieberitis meistens gar nichts mit Faulheit zu tun hat, sondern mit innerem Widerstand. Und den überwinde ich am besten, indem ich einfach anfange. Erfolg kommt ja vom TUN und tun startet mit dem ersten Schritt.

Dankbarkeit des Zukunfts-Ichs

Mein Zukunfts-Ich ist immer wieder dankbar, wenn es feststellt, dass mein Vergangenheits-Ich etwas schon erledigt hat. Ich denke oft in diesen Momenten: Gut gemacht, Sandra von letzter Woche. Vor allem, wenn ich abends erschöpft nach Hause komme und merke, dass ich schon die Bilder vom letzten Tierpark-Besuch sortiert habe oder dass der Artikel, der heute online gehen soll, schon vor 2 Wochen fertig geschrieben war. Das ist einer meiner besten Tipps: Erledige Dinge gleich. Nicht, weil du gerade Lust drauf hast, sondern weil du weißt, dass dein Zukunfts-Ich es dir danken wird. Diese Haltung nimmt unheimlich viel Druck raus. Es fühlt sich an wie ein stilles Teamwork zwischen der Version von mir, die gerade mitten im Chaos steckt und der, die später durchatmen darf.

Wenn es zu viel wird

Natürlich gibt es auch Tage, an denen alles gleichzeitig kommt. Wenn ich von der Arbeit heimkomme, im Kopf noch die letzten E-Mails rumschwirren, ich aber eigentlich noch Bilder bearbeiten wollte, gleichzeitig aber das Abendessen ruft und mir einfällt, dass ich für morgen eine Schulung vorbereiten muss. Früher hätte mich das gestresst. Heute nicht mehr. Ich hab gelernt, dass Perfektionismus Gift für Selbstorganisation ist.

Wenn ich merke, dass es zu viel wird nehme ich Tempo raus. Ich schaue auf meinen Kalender und entscheide: Was davon ist heute wirklich wichtig? Und was kann auch morgen oder nächste Woche passieren? Ich setze Prioritäten nicht nach Lautstärke, sondern nach Wirkung. Wenn ich einen Blogartikel mal nicht pünktlich veröffentliche, geht die Welt nicht unter. Ich schreibe lieber später, aber mit Freude. Und wenn ich abends merke, dass mein Akku leer ist, darf der Haushalt auch mal warten. Dafür geh ich dann lieber spazieren oder verbringe Zeit mit meinem Partner oder meinen Tieren. Diese Balance ist für mich keine Ausrede, sondern eine bewusste Entscheidung.

Struktur mit Platz für Leben

Ich glaube, viele Menschen verwechseln Selbstorganisation mit Disziplin. Für mich bedeutet es aber vor allem Vereinfachung. Ich will wissen, was ansteht, aber trotzdem spontan bleiben können. Ich will einen Plan haben, aber trotzdem Raum lassen für Dinge, die einfach passieren.

Am Anfang der Woche schaue ich in meinen Kalender, um zu sehen, wo noch Platz ist. Dann überlege ich: An welchem Tag passt das Fitnessstudio rein? Wann nehme ich mir Zeit, um an meinen Zielen zu arbeiten? Wann bleibt Luft, um etwas Schönes zu machen wie z. B. ein Treffen mit Freunden oder einfach einen Abend ohne Verpflichtungen? So entsteht Struktur, aber sie bleibt zu gewissem Grad trotzdem flexibel.

Ich weiß, wann ich produktiv bin und wann ich lieber langsamer mache. Ich weiß, dass ich nicht 24/7 funktionieren kann, und ich hab aufgehört, das zu erwarten. Selbstorganisation bedeutet für mich, mich selbst zu kennen und die eigenen Grenzen zu respektieren. So wie ich meine Grenzen habe was Zeit und Energie angeht, hast du auch deine ganz individuellen Grenzen. Es ist wichtig darauf zu achten und sie nicht zu überschreiten. Keiner von uns möchte im Burn Out landen, auch Erholung ist sehr wichtig.

Was du dir vielleicht abschauen kannst

Es geht nicht darum, möglichst viel in möglichst wenig Zeit zu schaffen. Es geht darum, dass du dein Leben im Griff hast und nicht umgekehrt.

Ich schreibe alles auf, was mir durch den Kopf geht. Ich nutze Tools, die ich wirklich gern benutze. Auf keinen Fall die Apps, die gerade auf LinkedIn gehypt werden. Nicht das die schlecht wären, aber es passt einfach nicht zu mir. Jeder muss da seine Lieblinge finden und die dürfen für jeden etwas anderes sein. Ich mache das Wichtigste zuerst, damit es mich nicht verfolgt. Ich plane nicht alles, aber ich halte fest, was wichtig ist. Und vor allem: Ich mache die Dinge, weil ich will, nicht weil ich muss. Stress entsteht, wenn man sich getrieben fühlt. Motivation entsteht, wenn man sich entscheidet.

Selbstorganisation ist also kein Zustand, den man einmal erreicht und dann abhaken kann. Es ist ein Prozess. Ein Zusammenspiel aus Planung, Intuition und Mut, auch mal etwas liegen zu lassen.

Ich bin kein perfekter Mensch (niemand ist das im Übrigen) und mein Kalender ist auch kein Kunstwerk. Aber ich habe gelernt, dass Selbstorganisation nicht heißt, jeden Tag durchzutakten. Sie bedeutet für mich, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zeit, die eigenen Entscheidungen und das eigene Leben.

Ich mache vieles gleichzeitig, ja. Arbeit, Fotobusiness, Finanzstammtische, Dozententätigkeit, Weiterbildung, Freunde, Tiere, Konzerte, Haushalt, Träume. Aber ich tue es, weil ich es möchte. Und weil ich Wege gefunden habe, wie es sich gut anfühlt. Manchmal läuft alles rund, manchmal gar nicht. Aber solange ich weiß, warum ich das tue (wo wir wieder beim Thema Ziele wären), und solange ich ehrlich bleibe mit mir selbst, funktioniert es.

Und wenn du jetzt denkst: Ich brauch auch so ein System, aber bitte eins, das wirklich zu mir passt, dann melde dich gern. Ich helfe dir super gerne, dein eigenes System zu finden. Denn Erfolg kommt vom TUN und gute Organisation ist einfach das, was das TUN möglich macht.

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